Andreas Pientka Tentett
Eine Pandemie von weltweitem Ausmaß hat uns in den letzten Jahren gezeigt, wie das öffentliche Leben innerhalb von wenigen Wochen zum Erliegen kommen kann. Ist das die nahende Apokalypse? Wohl kaum. Und doch – es ist eine besondere Zeit. Für den deutschen Kontrabassisten und Komponisten Andreas Pientka ein idealer Zeitpunkt für Gedankenexperimente. Pientka ist dabei ganz Denker, Grübler und Reisender, dessen Forschungsfeld gleichermaßen explosive Experimentierfläche wie philosophische Abhandlung ist.Mit seinem Debütalbum „Tiefe Nacht“ bewegt sich der gebürtige Dattelner mit seinem hochklassig besetzten Tentett auf Goethes Spuren und nimmt dessen literarische Figur des Faust zum Anlass, um Anhaltspunkte auf die Frage zu finden, was denn nun die Welt im innersten zusammenhält. Schwere Kost für ein Debüt möchte man meinen.
Pientka meistert diese Herausforderung mit Ehrfurcht und einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein. Schwebend gleiten seine Kompositionen zwischen Jazz und Klassik, streifen Grenzbereiche und finden ungeahnte Gemeinsamkeiten. Bei einem Tentett, also einem echten „Large Ensemble“, das sich im unbetonnten Fahrwasser zwischen Klassik und Jazz bewegt, fallen unweigerlich die Großtaten von Arrangeur Gil Evans ein. Die Kompositionen von Pientka greifen diesen Geist auf, klingen jedoch frisch, lebendig und trotz allem Traditionsbewusstsein nah am Zeitgeist. Flotte Bebop-Passagen, hymnische Filmmusik-Anleihen, fordernder Modern-Jazz, groovender Pop und treibender akustischer Techno vereinen sich in den Stücken des jungen Musikers in Ekstase und Tiefgang.