Er ist Musiker, Schauspieler, Satiriker, Schriftsteller – und vieles mehr: Heinz Strunk. Mit seinem aktuellen Bestseller „Der gelbe Elefant“ ist der 61-jährige Hamburger aktuell auf Deutschland Tour. Mit PRINZ hat Heinz Strunk darüber gesprochen, warum man das, was er da macht, nicht Lesung nennen kann, was Glück bedeutet, was ihn inspiriert und woran er gerade arbeitet.
Heinz, „Der gelbe Elefant“ – wieder ein Bestseller, wie alle deine Bücher davor. Was ist das Besondere an deinem neuen Werk?
Es sind Kurzgeschichten, es gibt kein Konzept dahinter. Es sind Geschichten, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Welche ist deine persönliche Lieblingsgeschichte?
Die gibt es eigentlich nicht. Ich finde alle irgendwie gut. Natürlich sind ein paar darunter, die herausragend sind. Die Geschichte von dem Motivationstrainer, der ins Neandertal gerät zum Beispiel. Ein wie ich finde sehr origineller Gedanke. Oder die mit dem älteren Mann, der in seinem eigenen Fitnessraum liegt und nicht mehr rauskommt, finde ich sehr gut. Man kann die Geschichten eigentlich in zwei Kategorien aufteilen: Sozial- oder Milieu-Studien, zu denen zum Beispiel die Geschichte mit dem Restaurant zählt. Ich glaube, da kann man sich sehr gut reinversetzen. Und dann eher so Fantasy-Geschichten. Man könnte auch sagen Geschichten, die denen von Edgar Allan Poe sehr ähnlich sind. Fast schon Horror-Geschichten. Wie die mit den Neandertalern oder dem Eisengreis.
Wo kommen deine Ideen her? Wie bist du z.B. auf die Geschichte „Auskunft“ gekommen und die Figur des Verrückten im Park, der alle Menschen anpöbelt?
Meine Ideen stammen aus dem Alltag. Bei „Auskunft“ war das so: Ich wohne ja in einem recht urbanen Umfeld. Nun gibt es hier ganz in der Nähe einen ehemalgien Bunker, in dem der Arbeiter-Samariter-Bund Leute mit Drogen- und Alkoholvergangenheit unterbringt. Da gibt es etwa 30 Mini-Wohnungen. Ich finde es sehr schön, dass diese Leute nicht irgendwohin an den Stadtrand ausgelagert werden, sondern mitten in dieser doch sehr reichen und gesettelten Gegend untergebracht sind. Und da treiben sich dann hin und wieder welche herum, die zombieesk anmuten. So ist die ein oder andere Geschichte entstanden.
Und den Traum, in dem es in der titelgebenden Kurzgeschichte „Der gelbe Elefant“ geht – hast du den wirklich geträumt?
Ja. Das ist wirklich nicht ausgedacht oder übertrieben. Das habe ich tatsächlich so geträumt. Ich dachte: Das ist der Wahnsinn! So etwas träumt man ja nur einmal im Leben. Der Titel „Der gelbe Elefant“ war irgendwie auch gut – so wurde er zum Buchtitel.
In deinen Geschichten kommen häufig Abgründe zu Tage. Möchtest du deinen Leserinnen und Lesern damit die Augen öffnen oder was ist deine Intention?
Ich will niemandem die Augen öffnen. Das interessiert mich überhaupt nicht. Leute, denen die Augen geöffnet werden müssen, sind nicht meine Leserschaft. Ich bemühe mich darum, die Sachen so realistisch wiederzugeben, wie ich sie sehe; ich beurteile überhaupt nicht. Ich nehme da immer gerne das Beispiel mit der Autobahnraststätte. Was einen an Deformationen und grotesken Wesen begegnet, wenn man sich einen Tag lang auf einer deutschen Autobahnraststätte aufhält, das ist ja der Wahnsinn. Wenn ich das aufschreiben würde, würde mir sofort wieder unterstellt werden, dass ich übertreibe. Aber es ist nun mal so: Schönheit ist die Ausnahme, das Hässliche ist die Regel.
Nimmst du eigentlich manchmal ältere Bücher von dir wieder in die Hand und liest sie? Und wenn ja: Was hältst du von ihnen?
Nein, ich lese meine alten Bücher nicht noch mal. Ich würde sagen, dass ich mittlerweile etwas anders schreibe. Aber ich finde es noch immer richtig, wie die alten Bücher geschrieben sind. Ich würde sie nicht anders schreiben wollen. Ich arbeite mich an meinen Büchern immer extrem genau ab – ich glaube nicht, dass mir da große Fehler passieren oder Sachen, die ich zurücknehmen oder korrigieren müsste.
Von dir gibt es mittlerweile 16 Bücher. Hast du Angst, dass dir irgendwann mal die Ideen ausgehen?
Ich glaube es ist eine Eigenschaft von mir – oder ein Merkmal – dass ich eine ausgeprägte Fantasie habe. Ich kann mir sehr viel vorstellen. Mir gehen die Ideen nicht aus. Ich glaube sogar, dass die Ideen immer mehr werden, je älter ich werde, je mehr Erfahrungen ich sammle. Ich glaube, die Ideen werden besser. Manche Künstler haben ja eine Zeit, in der sie so drei bis fünf Jahre liefern und dann kommt nichts mehr. Bei mir versiegt diese Quelle nicht. Oder anders gesagt: Ich habe bisher keine Verschleißerscheinungen feststellen können. Dann spielt auch mein Umfeld eine große Rolle. Mein Lektor zum Beispiel.
Kannst du die Hinweise und Korrekturvorschläge deines Lektors gut annehmen?
Absolut. Wenn ich von ihm die Rückmeldung bekommen würde, dass ich etwas lieber sein lassen soll oder mich auf dies und das beschränken sollte, würde ich das sofort annehmen. Ich bin das Gegenteil von beratungsresistent. Auch bei Drehbüchern. Ich empfinde solche Vorschläge nie als Eingriff oder gar als Angriff, sondern immer fruchtbar. Es ist eine Chance, ein gutes Buch oder Drehbuch noch besser zu machen. Je mehr Leute irgendetwas lesen oder ihr Selbst dazugeben, desto besser wird das in der Regel. Nur Amateure glauben, dass sie alles am besten wissen.
Du hast schon sehr viel ausprobiert, hast dich nie auf etwas festgelegt und einfach dein Ding gemacht. Hast du einen Tipp für Leute, die sich nicht von den Erwartungen des Umfeldes lösen können?
Ich habe einfach immer das gemacht, was mir gefällt, weil das das Einzige ist, was ich machen kann. Ich kann mich ja nicht danach richten, was andere gut finden. Ok, als Musiker in den Zwanzigern hat man automatisch den Charts nachgeeifert. Pet Shop Boys, Madonna, Depeche Mode. Natürlich habe ich mich damals an denen orientiert. Das will ich hier zugeben. Als ich mich dem Humor und dem Schreiben zugewandt habe, konnte ich dann nur noch Sachen machen, die ich wirklich selbst empfinde. Ich glaube es funktioniert auch nicht, sich da nach Trends zu richten. Man kann nur auf Dauer mit Dingen erfolgreich sein, wenn man sie wirklich empfindet und an sie glaubt. Ich glaube ja auch, dass Dieter Bohlen seine Songs wirklich gut findet. Dass er ein richtig toller Komponist ist. Wahrscheinlich …
Was erwartet uns denn bei deinen Lesungen, kannst du uns einen Ausblick geben?
Ich muss das gleich korrigieren. Das Wort Lesung ist deplatziert. Es sind Shows. Da ist Musik! Ich performe die Songs aus der Schinkenstraßen-Serie. Mein Programm hat alle Elemente einer Show und wird vom Publikum auch dankbar als solche angenommen.
Freust du dich denn auf die Tour?
Das wäre übertrieben. Mein Tour-Alltag ist quasi vergleichbar mit der Reise eines Handelsvertreters. Es ist ja eine One-Man-Show. Ich bereise die Republik allein. Checke allein ins Hotel ein. Sitze allein Backstage. Mache allein meine Show. Und fahre wieder allein ins Hotel. Das ist eher eine freudlose Angelegenheit. Aber das lasse ich mir auf der Bühne natürlich nicht anmerken. Die Leute wollen unterhalten werden und ich glaube, dass ich das auch gut hinbekomme. Der Erfolg spricht für sich. Die Tour ist die mit Abstand bestverkaufte.
Bist du eher der Typ Autor, der am liebsten zu Hause am Schreibtisch sitzt?
Da kann ich auch nicht sagen. Nur ein Stubenhocker zu sein kann ich mir jetzt auch nicht vorstellen. Also ich finde es schon gut, dass man mal rauskommt. Das ist ja auch die einzige Gelegenheit die Leute, die sich für einen interessieren, wirklich zu sehen. Ich signiere auch nach der Show immer brav am Bücherstand. Der Zuspruch, den ich da erfahre, das ist schon toll, muss ich sagen. Wenn man das gar nicht hätte und nur ein Buch nach dem anderen schreibt … Aber die meisten Schriftsteller sind ja auch keine Entertainer. Ich komme ja aus dem Bereich, war mit Bands unterwegs, habe Tanzmusik gemacht. Da lernt man, wie man Leute einen Abend lang unterhält und mit einem guten Gefühl nach Hause schickt. In meinem Fall gerne ein Gefühl, das eine gewisse Nachhaltigkeit hat.
Du hast mal in einem Interview gesagt, dass jeder Mensch nur 5 bis 10 wirkliche Glücksmomente im Leben hat. Wie viele sind bei dir noch übrig?
Vielleicht noch einer? Ich weiß es nicht genau. Ich glaube, dass das mit den Jahren schwächer und schwächer wird. Dieses Glücksgefühl. Die wirklich großen Momente sind rar. Aber irgendwann muss es vielleicht auch nicht mehr dieses eruptive Glitzern sein. Man kann ja auch an kleinen Dingen Freude haben. Zufriedenheit. Ja. Das ist es.
Arbeitest du eigentlich schon an deinem nächsten Buch?
Ja, natürlich! Das ist immer ein fortlaufender Prozess. Ich habe ja einen relativ strengen Takt. Immer einmal im Jahr gibt es etwas Neues. Das neue Buch erscheint am 28. November 2024. Mehr kann ich dazu noch nicht sagen. Nur, dass es keine Kurzgeschichten sind. Es wird wieder ein Roman.
Wir freuen uns schon drauf! Vielen Dank Heinz Strunk und viel Spaß bei der bevorstehenden Tour.
Die Heinz Strunk Tour-Daten:
24.01.2024 – Hamburg
25.01.2024 – Oldenburg
08.02.2024 – Finsterwalde
09.02.2024 – Leipzig
10.02.2024 – Dresden
18.02.2024 – Kiel
21.02.2024 – Braunschweig
22.02.2024 – Karlsruhe
23.02.2024 – Mannheim
24.02.2024 – Ulm
25.02.2024 – München
26.02.2024 – Stuttgart
27.02.2024 – Düsseldorf
28.02.2024 – Bielefeld
18.03.2024 – Bochum
19.03.2024 – Köln
„Der gelbe Elefant“ von Heinz Strunk, Rowohlt-Verlag, 22,00 Euro, ISBN: 978-3-498-00350-0