Simon Stegemann (35) ist Gewaltpräventionstrainer und Selbstverteidigungslehrer an Schulen und in diversen Firmen in Sachsen. Er behandelt Themen wie Mobbing, Gewalt allgemein, Deeskalations- und Konfliktmanagement und Selbstschutz. Um noch mehr Menschen zu erreichen und sein Wissen mit ihnen zu teilen, hat der das Projekt „Dickes Fell“ entwickelt und bietet darüber Workshops an. Wir haben ihn zum Interview getroffen.
Simon, wie kamst du zum Thema Gewaltprävention und Selbstschutz? Hast du eigene Erfahrungen?
Im Zuge der Pandemie 2020 und Kurzarbeit, hatte ich Zeit zum Nachdenken und habe mich gefragt, wie ich meine Passion den Kampfsport (Karate & Krav Maga) und das „Trainer sein“ mit meinem Beruf als Ergotherapeut verbinden kann. Da habe ich recherchiert und mich noch 2020 als Gewaltpräventionstrainer ausbilden lassen. Das reichte mir allerdings nicht, ich wollte noch besser werden, sodass ich noch zahlreiche Ausbildungen und Weiterbildung rund um das Thema Gewalt absolviert habe. Mittlerweile bin ich auch noch B-Trainer Karate, Selbstverteidigungslehrer III im Deutschen Karateverband und Krav Maga Instructor Level 1. Eigene Erfahrungen habe ich tatsächlich machen müssen. Diese sind allerdings, mit viel Glück, recht glimpflich ausgegangen.
Warum ist das Thema gerade jetzt wichtiger denn je?
Im Zuge des politischen Geschehens und damit einher gehenden unschönen Einflüsse, wird unsere Gesellschaft leider zunehmend intoleranter und auch aggressiver (verbal wie körperlich). Wir werden damit immer häufiger konfrontiert und jeder kann betroffen sein. Durch viel Frust und Unzufriedenheit sind wir dünnhäutiger und unsere Spannungsgrenzen sind stark verschoben. Laut Statistiken nimmt Gewalt in Deutschland zwar zusehends ab (Dunkelziffern ausgenommen), allerdings werden bestimmte Taten zunehmend heftiger und brutaler. Ich setze in meinen Kursen auch häufig bei sehr jungem Publikum an und versuche neben Skills zum Selbstschutz auch wichtige gesellschaftliche Normen zu vermitteln. Wie beispielsweise Respekt, Toleranz und ein sinnstiftendes Miteinander.
Wer bucht dich derzeit hauptsächlich?
Am häufigsten bin ich in Schulen überall in Sachsen gebucht. Allerdings auch zunehmend in diversen Firmen wie Physiotherapien, Ämtern und sozialen Einrichtungen. In Schulen geht es meist um das Thema Mobbing, Konfliktmanagement oder klassisch Selbstverteidigung. In Firmen eher um Deeskalation am Kunden und Selbstschutz für die Mitarbeitenden. Je nach Schulform ist natürlich auch der Inhalt angepasst. In Grundschulen werden Themen anders besprochen, als im Gymnasium oder der Oberschule. Frontalunterricht gibt es aber weniger. Bei mir ist die Wissensvermittlung immer eher erlebnis- und erfahrungsorientiert. In Firmen geht es dann eher um klare Fakten und Trainings zum Umgang mit aggressiven Kunden, unter anderem.
Was rätst du Schülerinnen und Schülern, die gemobbt werden?
Die Frage ist pauschal kaum zu beantworten, da jeder Fall sehr individuell ist. Wichtig für Schulen ist es, präventiv zu agieren und zu informieren, damit es möglichst gar nicht erst dazu kommt. Ganz wichtig: Der Betroffene ist nicht am Mobbing schuld, sondern der Mobber! Dem Einzelnen ist anzuraten, sich unbedingt jemandem anzuvertrauen, zum Beispiel den Eltern, dem Vertrauenslehrer, einem Sozialarbeiter. Es kann hilfreich sein, ein Tagebuch zu führen, mit Stichpunkten zu Zeitpunkt, Art und Beteiligten der Mobbingsituationen. In schweren Fällen ist durchaus auch der Gang zur Polizei nötig. Außerdem gibt es zahlreiche tolle Organisationen die bei Mobbing helfen können. Ansonsten ist auch (Kampf-) Sport zur Stärkung des Selbstvertrauens eine gute Möglichkeit, um aus der Mobbingspirale auszubrechen.
Wer mehr über Simon, seine Kurse und sein Projekt „Dickes Fell“ erfahren möchte, findet auf seiner Website www.dickes-fell.de weitere Infos.